Freitag, 19. Dezember 2014

Wie alles mit allem zusammen hängt

Wenn man sich die Welt ansieht, belebt oder unbelebt, im Großen oder im Kleinen, kann man Gemeinsamkeiten feststellen. Es gibt auf allen Skalen so genannte komplexe Systeme (s. Wikipedia), die möglicherweise grundsätzliche Ähnlichkeiten aufweisen. Diese Systeme beeinflussen sich gegenseitig, sind miteinander und ineinander vernetzt, so dass es hoffnungslos erscheint, eine adäquate Beschreibung zu finden. Beispiele sind nachfolgend dargestellt. Man kann nun aber versuchen, die gegenseitige Wechselwirkung etwas besser zu verstehen, indem man ihre Eigenschaften anhand mathematischer Modelle für einfachere Systeme interpretiert. Das wird dann weiter unten ausgeführt.
Die Beispiele, die jetzt folgen, sind aus den Bereichen zwischenmenschlicher Beziehungen, Gruppenbeziehungen und Gehirnzellen-Beziehungen:

Ein Mensch, der sich im Gedränge bewegen will, ist nicht frei, seinen Weg zu wählen. Er ist darauf angewiesen, dass er und die anderen sich verständigen, wie man sich synchron aus dem Weg geht und doch erlaubt, dass jeder seine gewünschte Richtung im Mittel beibehalten kann. Die Verständigung erfolgt optisch, viel schneller als die Laufgeschwindigkeit und meist unbewusst. Häufig bilden sich spontan Gruppen gleicher Richtung und hin und wieder kommt es zu Staus, weil Fehlreaktionen oder Missverständnisse den reibungslosen Ablauf stören. Aus einem halbwegs geordneten Zustand entsteht ein kleines Chaos. Aus dem Chaos entsteht dann wieder ein halbwegs geordneter Zustand, der allerdings anders aussieht als der vorherige usw.. Die Übergänge können durch den inneren Zustand einzelner Personen beeinflusst werden, will sagen z.B. durch Schmerzen, die ein einzelner hat und die seine Beweglichkeit einschränken oder durch sein Aggressionspotential usw..

Menschengruppen, wie Familien, Vereine Parteien, Staaten handeln oft als Einheit gegenüber anderen Gruppen. Sie müssen sich intern über die jeweilige Handlungsrichtung verständigen mit höherer Geschwindigkeit als der gemeinsamen Handlungsgeschwindigkeit, da sonst gemeinsames Handeln nicht möglich ist. Als Vorbild kann hier der Vogelschwarm dienen, der ebenfalls eine Einheit bildet, die gemeinsam dauernd eine neue Flugrichtung bestimmt, indem jeder Vogel die Absichten des jeweils anderen erkennt, speichert und aus vielen solcher Daten die Richtungsabsicht einer qualifizierten Mehrheit bestimmt, der er sich dann anschließt.
In Menschengruppen, wie im Schwarm, kommt es immer mal wieder zu Störungen des geordneten Ablaufs, der dann zu Streit, Bürgerkrieg oder Spaltung oder Auflösung der Gruppe führen kann. Auch hier gibt es also wieder halbwegs geordnete und auch chaotische Zustände. Auch diese Übergänge können durch das einzelne Gruppenmitglied beeinflusst werden.

In unserem Gehirn spielen sich bei der Verständigung der Nervenzellen nach Aussage von Hirnforschern ebenfalls solche Vorgänge ab. Verschiedene Bereiche des Gehirns bearbeiten parallel unterschiedliche Themen, ohne dass uns das bewusst wird. Welcher dieser vorbewussten Gedankenansätze schließlich zum bewussten Gedanken wird, entscheidet sich ebenfalls in einem Ausleseverfahren ähnlich dem o.g. Schwarmverhalten. Der Gedanke entsteht ungefähr in einer zehntel Sekunde. Die Impulse, die zur Abstimmung der Nervenzellen ausgetauscht werden, haben eine Länge von ca. einer tausendstel Sekunde. Den Übergang von einem Gedanken zum anderen nehmen wir genauso wenig wahr, wie wir wahrnehmen, was unser Auge sieht, während wir von einem Anblick zum nächsten schwenken. Das Gehirn arbeitet dabei nach dem “Forschungsbericht 2010 des Max-Planck-Instituts für Dynamik und Selbstorganisation” (s. Internet) am Rande des Chaos. Es schaltet von einem halbwegs geordneten Zustand (Gedanken) in den nächsten durch chaotische Zwischenzustände. Welche Übergänge stattfinden hängt auch von den Zuständen der einzelnen Nervenzellen bzw. ihren Kontaktpunkten ab, die unter anderem auch durch die Körperchemie beeinflusst werden. Da die einzelne Nervenzelle aus Molekülen besteht, kann ihr Verhalten auch durch den kurzzeitigen Zustand ihrer Moleküle in kritischen Augenblicken beeinflusst werden.

Solche Systeme, die sowohl geordnete wie chaotische Zustände kennen, gibt es in der Natur in allen Bereichen, von den Elementarteilchen (s. filfys August 2013) bis zu den Wechselwirkungen von Galaxien.
Allen mathematischen Modellen zur Beschreibung dieser Systeme ist gemeinsam, dass sie auf sogenannten nichtlinearen zeitabhängigen Gleichungen basieren. Für die Modellierung des zeitlichen Verhaltens benutzt man Computer, die ein sogenanntes Iterationsverfahren anwenden. Dabei wird der Zustand für den jeweils nächsten Zeitpunkt nach einer oder mehreren festen Gleichungen aus dem Zustand zum jetzigen Zeitpunkt berechnet usw.
Diese Details sind jetzt aber nicht so wichtig.
Interessant ist, dass die Ergebnisse häufig sehr sensitiv von den Eingangsdaten abhängen. Das heißt, dass das Ergebnis der Berechnung für genügend große Zeitabläufe völlig anders sein kann, wenn die Eingangswerte auch nur minimal geändert werden (s.a. Wikipedia unter Chaosforschung). Man kann also die zeitliche Entwicklung des Modells immer wieder genau vorhersagen, wenn man immer wieder genau dieselben Eingangswerte eingibt. Die Vorhersage für reale Systeme in der Natur ist jedoch nicht möglich, da sich dort nicht zweimal die exakt gleiche Eingangssituation herstellen lässt, selbst wenn man die richtigen Formeln zur Beschreibung des Systems gefunden hat. Anders ist die Situation, wenn sich das System gerade in einem halbwegs geordneten Zustand befindet. Da spielen Änderungen der Eingangsdaten dann nur noch eine untergeordnete Rolle. Hier lassen sich dann Gesetzmäßigkeiten finden, die auch in der Natur eingehalten werden und leicht geänderte Anfangswerte liefern dann auch nur leicht geänderte Messwerte zu späteren Zeitpunkten.
Kleinste Änderungen der Bestandteile in obigen Beispielen können also erhebliche Änderungen des Schwarmverhaltens bewirken. Im Prinzip könnte also die Änderung eines Moleküls im Gehirn eines Menschen sein Verhalten ändern, dadurch das Gruppenverhalten und dadurch vielleicht das Verhalten der Menschheit als Ganzes bis hin zum Verhalten des Sonnensystems usw.. Dieser Zusammenhang wäre aber niemals experimentell nachweisbar, da ja am Anfang der Wirkungskette eine sehr große Anzahl von Molekülen steht, die alle Einfluss haben, dann sehr viele Nervenzellen mitwirken, sehr viele Menschen in den Gruppen usw.. Der direkte Durchgriff der Anfangswirkung wäre auch nur gegeben, wenn sich alle beteiligten Systeme gleichzeitig in einem hochsensitiven Zustand befinden. Das ist in einem Moment der Fall und im nächsten nicht mehr. Der Ursache-Wirkung- Zusammenhang ist deshalb nicht nachweisbar, obwohl er besteht. Die Naturwissenschaften in ihrer bisherigen Form helfen dabei nicht weiter.
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Mein Lesestoff

Bauer, Joachim
Warum ich fühle, was Du fühlst

Calvin, William H.
Wie das Gehirn denkt, die Evolution der Intelligenz

Görnitz, Thomas
Quanten sind anders

Lorenz, Konrad
Vom Weltbild des Verhaltensforschers

Metzinger, Thomas
Der Ego Tunnel

Nürnberger, Christian
Faszination Chaos: Wie zufällig Ordnung entsteht

Penrose, Roger
Das Große, das Kleine und der menschliche Geist

Smith, Leonhard A.
Chaos

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Zuletzt aktualisiert: 22. Aug, 16:31

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