Samstag, 22. März 2008

Unschuld schützt vor Strafe nicht

Die Neurologie und große Teile der Philosophie legen nahe, das wir nicht frei in unseren Entscheidungen sind, sondern dass unsere Geschichte (allgemein und persönlich) und unsere Anlagen uns dazu bringen so zu handeln wie wir es tun. Wenn wir gegen gesellschaftliche Regeln, wie z.B. geltende Gesetze verstoßen, sind wir eigentlich nicht daran schuld. Daraus könnte man folgern, dass das Strafrecht geändert werden müsste, um dieser Erkenntnis Rechenschaft zu tragen. Im Sinne der Evolution und unseres effizienten Zusammenlebens wäre eine solche Folgerung allerdings nicht: Das einigermaßen friedliche Zusammenleben, das wir erreicht haben, wird durch Regeln gewährleistet, die von der überwiegendenden Mehrheit so gewünscht sind, da sie, diese Mehrheit, sich unter dieser Regeln gut entwickeln kann. Dieser Teil der Gesellschaft kann es nicht dulden, dass einzelne diese Regeln verletzen, weil deren Scheu vor der Regelverletzung kleiner ist als ihr Trieb zur Selbstverwirklichung. Es ist zwar vernünftig den Rachegedanken als Motiv für Bestrafung zu verwerfen, es bleiben jedoch die Motive Schutz und Abschreckung. In potentiellen Tätern muss auch weiterhin ein Angstpotential aufgebaut werden, das Ihnen hilft dem Trieb zum Gesetzesbruch zu widerstehen. Bei Tätern, die solch ein Angstpotential, aus welchen Gründen auch immer, nicht aufbauen können, wird die Gesellschaft eine Einschränkung der Handlungsfreiheit fordern, um sich zu schützen. Das gilt solange, bis eine Möglichkeit zur nachhaltigen Beeinflussung dieser Menschen gefunden ist. Diese Einschränkung der Handlungdfreiheit ist aus Sicht der Mehrheit gerechtfertigt, da ja die Täter offenbar nicht imstande sind ihren Freiheitsraum so zu gebrauchen, wie es die Mehrheit erwartet.
Nun muss es ja nicht immer falsch sein gegen geltende Gesetze zu verstoßen. Schließlich ändern sich ja gesellschaftliche Normen im Laufe der Zeit durch viele kleine Gesetzesverstöße. Jeder Versuch gesellschaftliche Normen zu ändern ist jedoch ein bißchen eine Kriegserklärung an einen großen Teil der Gesellschaft, die dieser Teil der Gesellschaft zunächst einmal mit Gegenmassnahmen beantwortet, wenn ihm die Erhaltung des Status Quo wichtig genug ist. Wer schließlich gewinnt, ist eine Frage der besseren Waffen (meistens der geistigen) und somit der Evolution. Zum Mittel der Freiheitseinschränkung wird man nur in schweren Fällen greifen.
Grundlegende Änderungen der Rechtsprechung aufgrund der Erkenntnisse der Neurologie sind nach dem gesagten jedenfalls nicht erforderlich.
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Lorenz, Konrad
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Penrose, Roger
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